Psychosoziale Einflussfaktoren für die Inanspruchnahme medizinischer Rehabilitationsmaßnahmen bei Patienten mit einer Prostatakrebserkrankung

2012 
Die Behandlung einer Prostatakrebserkrankung fuhrt zu zum Teil langandauernden korperlichen und psychischen Beeintrachtigungen. Dennoch nimmt nur ein vergleichsweise geringer Anteil der Patienten eine Rehabilitationsmasnahme in Anspruch; die empirische Datenlage zu den Grunden hierfur ist bislang auserst begrenzt. Die vorliegende Studie zielte daher unter explorativer Zielsetzung auf die Identifikation von Einflussfaktoren der Inanspruchnahme einer Rehabilitationsmasnahme bei Patienten mit einem Prostatakarzinom. Dargestellt werden die Ergebnisse des ersten Erhebungszeitpunktes einer prospektiven multizentrischen Studie zur Evaluation ambulanter onkologischer Rehabilitationsmasnahmen. Untersucht wurden n=242 Prostatakrebspatienten in ambulanter bzw. stationarer Rehabilitation (Inanspruchnehmer), und n=253 Patienten, die keine Rehabilitation durchfuhrten (Nichtinanspruchnehmer), mittels standardisierter Selbstbeurteilungsverfahren zu Beginn der Rehabilitationsmasnahme bzw. nach Abschluss der Primartherapie. Erfasst wurden folgende, aus vorliegenden Daten bei anderen Indikationsbereichen und klinischer Expertise abgeleitete unabhangige Variablen: Autonomiestreben (TPF), Selbstwirksamkeitserwartung (GSE), Distress (Distress-Thermometer), Angst und Depressivitat (HADS-D), Lebensqualitat (SF-8), soziale Unterstutzung (SSUK), Rehabilitationsmotivation: Anderungsbereitschaft, Informationsstand, Skepsis bezuglich einer Rehabilitationsmasnahme (PAREMO-20). Die erkrankungs- und behandlungsbezogenen Daten (Krankheitsstadium, Art und Anzahl weiterer Erkrankungen, Primartherapien) der Patienten wurden von den behandelnden Arzten dokumentiert. Es zeigen sich nur wenige signifikante und bedeutsame Unterschiede zwischen Rehabilitanden und Nichtinanspruchnehmern. Patienten, die keine Reha-Masnahme durchfuhrten, leiden haufiger unter komorbiden Erkrankungen des Verdauungssystems (18% vs. 2%, w=0,25). Beide Patientengruppen berichten deutliche Einschrankungen ihrer Lebensqualitat, insbesondere in korperlicher Hinsicht. Nichtinanspruchnehmer geben signifikant hohere Werte auf der Skala „Skepsis“ des PAREMO-20 an als Rehabilitanden (eta²=0,19). Die Skala „Skepsis“ wird auch als wesentlicher Pradiktor fur die Inanspruchnahme einer Rehabilitationsmasnahme identifiziert (R²=0,23). Weitere bedeutsame Einflussfaktoren sind das Vorliegen einer zusatzlichen gastrointestinalen Erkrankung, Selbstwirksamkeitserwartung und Erwerbsstatus (R²=0,12 bzw. jeweils R²=0,02). Mit zunehmender Skepsis gegenuber dem Rehabilitationserfolg bzw. bei Komorbiditat sinkt die Wahrscheinlichkeit der Reha-Inanspruchnahme. Bei Patienten mit Prostatakrebs scheint die subjektive Erwartung hinsichtlich der Effektivitat einer Rehabilitationsmasnahme zur Linderung der Beschwerden neben medizinischen Merkmalen von groserer Bedeutung fur die Inanspruchnahme zu sein als soziodemografische oder belastungsbezogene Aspekte. In weiteren Studien ist zu klaren, inwieweit sich dieses Ergebnis replizieren lasst, sowie die Frage, in welchem Umfang Patienten uber Ziele und Behandlungskonzepte der medizinischen Rehabilitation aufgeklart werden. Fur die Praxis ist zu empfehlen, bei Information der Patienten uber Rehabilitationsmasnahmen regelhaft neben deren Belastungen auch Erwartungen und Befurchtungen zu explorieren, um so bestehende Zweifel ggf. ausraumen und die Versorgung optimieren zu konnen.
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